Aus: „Das andere Theater“ 2001, 11. Jahrgang, Heft 1
(Copyright bei den Autorinnen)
Sabine Kolbe und Anne Swoboda
Die Theaterpädagoginnen Anna Swoboda und Sabine Kolbe haben den Theaterbesuch von drei Gruppen mit ganz kleinen Kindern theaterpädagogisch begleitet und das Rezeptionsverhalten der Kinder beobachtet. Ausgewählt waren zwei Inszenierungen im Rahmen des Festivals „Unter dem Tisch“ vom 12. bis 17. Oktober 1999 in der SCHAUBUDE Berlin.
Kann Theater für die ganz Kleinen überhaupt funktionieren? Wie erleben die kleinen Kinder die Theatervorstellung? Was erinnern sie nach einigen Tagen davon? Wie sollten sie auf einen solchen Theaterbesuch vorbereitet werden?
Um diesen Fragen in Auseinandersetzung mit und durch Beobachtung der Zielgruppe nachzugehen, haben wir für die Vorstellungen „Unter dem Tisch“ von der ACTA-Compagnie und „Krikel Krakel“ von Phenomene Tse-Tse (beide Frankreich) eine jeweils ca. halbstündige Vor- und Nachbereitung des Theaterbesuches entwickelt und in drei Kindergartengruppen durchgeführt. Bei der Auswahl der Gruppen spielten die unterschiedlichen Sozialisationsorte Berlins und der Berliner Umgebung eine entscheidende Rolle, denn wir beabsichtigten, die Unterschiede aufgrund der Lebensumstände der Kinder mit in die Beobachtungen einzubeziehen. So haben wir eine Kindergartengruppe aus dem näheren Berliner Umland aus Mühlenbeck, eine Gruppe aus einer Kita aus dem Prenzlauer Berg und eine aus einem Kinderladen aus dem Tiergarten ausgewählt.
Das Alter der Kinder bewegte sich zwischen 1½ bis 4 Jahren, die soziale Herkunft war gemischt. In einem kurzen Fragenkatalog sind Auskünfte der Erzieherinnen zusammengestellt, die Strukturen und Abläufe in den jeweiligen Gruppen genauer beschreiben und damit ansatzweise vergleichbar machen. Aus diesen Antworten zusammengefaßt, läßt sich vorab folgendes sagen: Für zwei Gruppen war es der erste Theaterbesuch. Spielerische Elemente des Darstellenden Spiels sind im Zusammenhang mit der Beschäftigung mit Märchen in jeder Kindereinrichtung, wenn auch in unterschiedlicher Intensität, gebräuchlich. Das Vor- und Nachbereitungsangebot zum Theaterbesuch wurde von allen Erzieherinnen als besondere und sinnvolle Ergänzung des Theaterbesuchs begrüßt.
Zur Vorbereitung
Eingebunden in ein eröffnendes und abschließendes Ritual, welches klare körperliche Bewegungen mit einfachen Sprachbildern koppelt, haben wir uns dem inhaltlichen Ansatz der Stücke einmal mit dem Illusionsspiel (zu „Unter dem Tisch“) zum anderen mit dem Materialspiel (zu „Krikel Krakel“) genähert.
Mit dem Illusionsspiel (hier unter Einbeziehung des Gegenstandes Tuch) ist es möglich, die schöpferische, frei gestaltende geistige Kraft des Kindes, welche sich im symbolischen Als-ob-Handeln entfaltet, zu wecken. Über das Spiel mit dem eigenen Körper imaginieren die Kinder erst eine Wasserfläche und dann deren Bewohner. Im Theater wird ihnen diese Als-ob-Realität wieder begegnen: Ein großer Tisch mit Tischtuch wird zum Ozean, in welchem sie nun dessen Bewohnern zuschauen können.
Der spielerische und entdeckende Umgang mit dem Material Papier als Vorbereitung von „Krikel Krakel“ soll die Kinder für das Material sensibilisieren und so den Boden für aktives Zuschauen bereiten.
Zur Nachbereitung
In den Nachbereitungsterminen haben wir, unter Verwendung der den Kindern durch die Vorbereitung bekannten Materialien Tuch und Papier, eine spielerische Situation mit dem Material etabliert. Diese sollte es ermöglichen, sich erinnernd in das Theatererlebnis zurückzuversetzen.
In protokollarischer Form ist nun jeweils unser Vorgehen bei der Vor- und Nachbereitung des Theaterbesuchs nachzulesen, ebenso wie die in den Einrichtungen gemachten Beobachtungen.